7.Lesereise: Sucht hat immer eine Geschichte – wir erzählen mehr davon

7.Lesereise: Sucht hat immer eine Geschichte – wir erzählen mehr davon

Es ist wieder Zeit zum Lauschen. Gemeinsam mit Ihnen freuen wir uns auf die 7. Online-Lesereise „Sucht hat immer eine Geschichte – wir erzählen mehr davon“.

Ab dem 10. Oktober 2024 kommen wir wieder digital zusammen und hören drei unterschiedlichen Lebensgeschichten zu.

Diese Lesereise widmen wir den Themen „Migräne bis zur Tablettenabhängigkeit“, „Obdachlosigkeit“ und „dem Leben ohne Alkohol“.

Alle drei sind Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens und doch fällt es schwer, darüber zu reden.

Mit der 7. Online-Lesereise möchten wir hinschauen, Verständnis für suchtfördernde Einflussfaktoren schaffen und Sie ermutigen, den Autor:innen Fragen zu stellen.

Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen – Digital. Kostenlos.

Die Veranstaltungsreihe richtet sich an Eltern, Fachkräfte sowie an alle Interessierten.

Den Flyer zum Thema finden Sie hier.

Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende am 21.07.2024

Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende am 21.07.2024

Am 21. Juli fand der bundesweite Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende statt. Im ganzen Land organisierten zu diesem Anlass Einrichtungen und Initiativen unter dem Motto „Konsumsicherheit für Alle(s)“ Veranstaltungen zum Gedenken an die Verstorbenen. In Bochum organisieren seit vielen Jahren die Krisenhilfe e.V. Bochum gemeinsam mit der Aidshilfe Bochum e.V. den jährlich stattfindenden Gedenktag. Eine der geplanten Aktionen war, mit Sprühkreide gemalte Schmetterlinge zierten als Symbol des Gedenktages Teile der Viktoriastraße. Die damit einhergehende öffentliche Aufmerksamkeit scheint notwendiger denn je, denn Eines wird an allen Standorten in Deutschland deutlich: die Zahl der Toten wächst rasant.

Blickt man auf die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl der verstorbenen drogengebrauchenden Menschen innerhalb der letzten drei Jahre in NRW verdoppelt. Bochum bildet dabei keine Ausnahme – im Gegenteil. Alleine im vergangenen Jahr verzeichneten wir in der Krisenhilfe e.V. Bochum eine Verdoppelung der drogenbedingten Todesfälle. Und das sind lediglich die uns bekannt gewordenen Fälle. Die Dunkelziffer wird hier wie bundesweit um ein vielfaches größer sein. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig und werden sich aller Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren noch weiter zuspitzen.

Hauptursache für die gestiegene Todeszahl ist der Mischkonsum mehrerer illegaler Substanzen. Dahinter stehen zwei zu beobachtende globale Entwicklungen, welche die deutsche Suchthilfelandschaft mit Sorge beobachtet.

Aktuell wird Europa mit billigem und hochqualitativem Kokain geradezu überflutet. Aus diesem Kokain lässt sich im weiteren Herstellungsprozess Crack herstellen, was mittlerweile in vielen Städten des Ruhrpotts angekommen ist. Auch in Bochum hat sich durch die gute Verfügbarkeit und die niedrigen Preise der Crack-Konsum immer mehr in der Szene durchgesetzt – mit fatalen Folgen. Im Vergleich mit anderen Drogen ist der Druck bei Crack immer wieder und dauerhaft zu konsumieren deutlich größer. Der Rausch hält zuweilen nur wenige Sekunden an, dann müssen Betroffene wieder konsumieren. Zum Teil konsumieren unsere Klient:innen tagelang durch, schlafen und essen nicht und fallen dann völlig erschöpft um. Wir beobachten massive Gewichtsverluste, einen deutlichen Anstieg der Gewaltbereitschaft innerhalb der Drogenszene und das vermehrt auftretende Vorkommen drogeninduzierter Psychosen. Hinzu kommt, dass sich Kokain und Crack bislang noch nicht mit Ersatzstoffen wie Methadon behandeln lassen. Was bleibt, sind die Hilfsangebote der Sozialarbeiter:innen und die niedrigschwellige und umfassende medizinische Versorgung durch die Praxis Drewermann. Unsere Mitarbeitenden arbeiten allerdings immer mehr am Limit, um die Menschen in ihrer Cracksucht überhaupt zu erreichen, sie mit dem Nötigsten zu versorgen und bestenfalls in weiterführende Hilfen zu vermitteln.

Zeitgleich wird mit Besorgnis auf die aktuellen Entwicklungen in den USA geblickt. Dort ist die sog. „Zombiedroge“ auf dem Vormarsch. Die Rede ist von Fentanyl. Ein künstlich hergestelltes Opioid, welches 100mal stärker als Morphium wirkt. In den USA sterben mittlerweile 10.000 Menschen an einer Überdosis und die Sorge ist groß, dass dieses Phänomen auch auf Europa überschwappt. Grund zur Sorge besteht deshalb, weil mittlerweile zwei Opiumjahresernten in Afghanistan (einem der bis dato größtem Opiumexporteure der Welt) ausgefallen sind und sich die Lager der illegalen Händler allmählich leeren, was zu einer drastischen Verknappung des verfügbaren Heroins führen könnte. Dass diese Lücke auf dem Weltmarkt durch das bspw. deutlich billiger herzustellende und noch dazu wirksamere Fentanyl gefüllt werden könnte, scheint angesichts der zu erwartenden Entwicklung wahrscheinlich. Bislang ist Heroin noch auf den Straßen verfügbar und auch eine bundesweit von der Aidshilfe durchgeführte Studie hat gezeigt, dass mit Fentanyl zugesetztes Heroin in Deutschland bislang nicht flächendeckend verkauft wird. Sollte sich dies ändern, steigt die Gefahr unbeabsichtigter Überdosierungen mit Todesfolge immens.

Mit Hinblick auf die aktuelle Situation und die zu erwartenden Entwicklungen sind gut ausgebaute Hilfseinrichtungen für die Kommunen von entscheidender Bedeutung, um eine weitere Explosion der Todeszahlen und eine immer sichtbarer werdende Verelendung von Menschen in den Innenstädten zu verhindern. Ausreichend Kapazitäten für Beratungsstellen, eine gut aufgestellte Präventionsarbeit, niedrigschwellig zu erreichende sozialarbeiterische und medizinische Hilfen und insbesondere vorhandene Konsumräume, die schon jetzt unzählige Tote verhindern, werden zukünftig entscheidend sein, um Bilder wie die in den USA hierzulande zu verhindern.